Erstmals nach dem zweiten Weltkrieg kam es für die wenigen Bowlingspieler
in der DDR zu einem internationalen Einsatz, als 1951 im Rahmen der damals noch
üblichen "gesamtdeutschen Ländermannschaften“ ein Länderkampf gegen die Schweden
ausgetragen wurde. Sechs Sportler
aus dem Osten und 60 aus dem Westen Deutschlands ermittelten dazu in mehreren
Qualifikationswettbewerben die Starter der gemeinsamen 8er-Mannschaft.
Am Gesamtsieg Deutschlands mit dem knappsten aller Resultate: 5606:5605 Pins hatte
Kurt Voigt aus Halle/Saale als Bester der drei Ostdeutschen mit 785 Pins den größten
Anteil.
Diesem ersten Auftritt auf internationaler Bühne folgte eine siebenjährige Pause.
Sie hatte ihre Gründe in der mangelnden materiellen Basis - es existierten zu
der Zeit in der ganzen DDR nur 8 Bowlingläufe - und nur rund 100 Sportler, die
zunächst erst einmal in Halle, Erfurt und Neuruppin versuchten, ihrem geliebten
Bowlingsport überhaupt neues Leben einzuhauchen.
Große Hoffnungen darauf, dass Kegeln einmal olympische Sportart werden könnte,
wurden durch beachtliche Erfolge der Asphaltkegler der DDR seit 1956 genährt.
Olympische Medaillen waren in der Führung der Sportnation DDR ein äußerst gern
gesehenes Mittel zur Anerkennung des Staates DDR.
Daher begann 1957 die Vorbereitung einer Nationalmannschaft auf die erstmalige
Teilnahme an der III. Bowling-Weltmeisterschaft 1958 in Helsingborg.
Als Höhepunkt dieser Vorbereitung fand 1958 ein Länderkampf DDR gegen Finnland
in Halle/Saale auf der Basis von 8er-Mannschaften statt.
Der bejubelte Erfolg von 11 543:11 365 Pins über den Weltmeister von 1955 sicherte
den DDR-Bowlern die Zustimmung der Sportführung zur Teilnahme in Schweden.
Ein 12. Platz von Hans Rosenbach aus Halle/Saale war das erfreulichste Ergebnis
dieser Expedition nach Skandinavien.
Gleich im Anschluss an diese Titelkämpfe begegneten sich im Juni 1958 Finnland
und die DDR zum Rückkampf in Helsinki, der von den Finnen überlegen 12 392: 11
210 Pins gewonnen wurde.
Bei der IV. Weltmeisterschaft 1960 in Hamburg sorgte das Hallenser DDR-Herren-Doppel
Schaaf/ Worch mit dem 5. Rang für die beste Platzierung.
Bei gleichzeitig außerhalb der WM-Wertung ausgetragenen Damen-Wettbewerben erreichte
Renate Windhausen aus Neuruppin einen beachtlichen fünften Platz in der Einzelwertung.
Mit Blickrichtung Olympia beschlossen die Funktionäre des Deutschen Kegler-Verbandes
der DDR 1961 den systematischen Aufbau des Bowlingsports, wohl die größere Zukunft
dieser Sportart im internationalen Maßstab erkennend.
Die Erfahrungen von Hamburg und aus den Länderkämpfen mit Finnland fruchteten
mit rigorosen Entscheidungen zur Einführung einer als viel erfolgreicher erachteten
Anlauf- und Wurftechnik.
Der dritte Länderkampf Finnland (mit Weltmeister Pentti Virtanen) gegen die DDR
in Helsinki im Juni 1962 (2614:2543) hatte überzeugend dokumentiert, dass die
Finnen bereits diese „neue Technik“ konsequent mit allen Spielern anwendeten.
Talentierte junge Bowlingsportler in den Sektionen Bowling der großen Sportclubs
in Halle und Dresden erhielten durch eine gezielte intensive Trainingsmethodik
das Rüstzeug für den Aufbau eines für damalige Verhältnisse modernen Bowlingspiels.
Vorbild dazu waren die finnischen Bowler, die zu „Studienzwecken“ in die Zentren
des Aufbaues (Halle und Dresden) eingeladen wurden und dort die neue Technik demonstrierten.
Daher verzichteten auch die Funktionäre des Keglerverbandes der DDR auf die Teilnahme
an den 1. Europameisterschaften 1962 in Frankreich und die IV. Weltmeisterschaften
1963 in Mexiko.
Nach drei Jahren war die Umstellung so weit vorangeschritten, dass sich im Inland
die ersten Erfolge einstellten.
Nun sollten sich die jungen Bowlingspieler bei der II.Europameisterschaft 1965
in Birmingham beweisen.
Die Basis des Bowlingsports war bis dahin auf „stattliche“ 30 Bowlingläufe und
etwa 600 Aktive in der DDR angewachsen.
Gespielt wurde durchweg auf Holzbahnen und mit entweder sehr alten und mehrfach
umgebohrten, oder mit neuentwickelten Kugeln aus Pertinax (im Volksmund „Naßpress-Steine)
auf Holzkegel aus eigener Produktion.
Voller Erwartung, aber auch mit der Gewissheit, in Birmingham nicht viel mehr
als ein Außenseiter zu sein, starteten das Damen- und Herren-Team in Richtung
Top Rank Bowling-Center auf der Insel.
Viel Aufsehen erregten die jungen Ostdeutschen bereits beim Training in der großen
32-Bahnenanlage, weil sie es bevorzugten, in kurzen Hosen zu spielen, wie sie
es von zu Hause aus gewöhnt waren.
Auch die Damen!
In der Besetzung Manfred Klause (1056), Lothar Jacob (1068), Siegfried Sommer
(1146), Gerhard Laschke (1026) - alle Halle/Saale, Lothar Schipke (1044) und Hans-Joachim
Vogel (1117) - beide Dresden - sorgte die 6er-Mannschaft schließlich für die Sensation
und wurde auf Anhieb hinter den Schweden (6546 Pins) und vor Belgien (6372) mit
6457 Pins Vize-Europameister.
Zu den ersten Gratulanten gehörte auch das Team der BRD um Fritz Blum und Rolf
Betzler, die mit 6234 Pins den 9. Platz erreichten.
Die weiteren Ergebnisse dieser Meisterschaften:
- 5er Mannschaft 8.Platz;
- Herren-Doppel
14. Platz;
- Herren-Einzel 8.Platz durch Siegfried Sommer;
- Damen-Doppel 22. Platz.
Freundschaftliche Beziehungen zu österreichischen Bowlingsportlern aus Wien zwischen
den Jahren 1964 und 1966 führten die jungen Bowler und Bowlerinnen des SC Einheit
Dresden zur Teilnahme am „Großen Preis von Österreich 1966“.
In der Wiener Prater-Halle wurden die Damen 2., die Herren kamen auf Rang 4.
Zur VI. Bowling-Weltmeisterschaft im Östercentrums Malmö 1967 fuhren je ein Herren-
und Damen-Doppel der DDR.
Günther Worch (Halle) kam mit einem Schnitt von 191,3 Pins auf den 25. Platz im
Einzel, mit seinem Partner Siegfried Sommer im Doppel als viertbeste Europäer
auf Platz 11. Ingeborg Wagner und Gertraude Willmann (beide Halle) verfehlten
knapp den Einzug ins Damenfinale.
Aus den Erkenntnissen der WM 1967 und der inzwischen zur Gewissheit gewordenen
Tatsache, dass Olympia für Bowling zu dieser Zeit auf längere Sicht nicht erreichbar
sei, reifte der Beschluss der DTSB-Führung, in dieser Sportart nicht mehr an internationalen
Meisterschaften teilzunehmen.
Das bedeutete aber auch die Ausgliederung der Bowlingsportler aus den Sportclubs
und ihre Übersiedlung in die damals üblichen Betriebssportgemeinschaften, gleichzeitig
auch die Einstellung der besonderen Förderung der Spitzenspieler.
Da die DDR damals das einzige Land im Ostverbund war, in dem Bowlingsport betrieben
wurde, wären jede erforderlichen Material-Weiterentwicklungen und die Leistungsvergleiche
zur Standortbestimmung sehr Devisen-intensiv geworden und das durfte nicht sein.
Daher blieb die Weiterentwicklung des Bowlingsports in der DDR den wenigen BSG
vorbehalten, die sportbegeisterte und einflussreiche Wirtschaftsfunktionäre für
sich interessieren konnten und den Bahnenneubau in Betriebseigentum voranbrachten.
Eine wichtige Institution dieser Zeit war die jährlich stattfindende Ostseewoche,
in deren Rahmen internationale Bowlingvergleiche mit den damals sehr populären,
aber immer auch als Vorbild dienenden Nordländern sehr begehrt waren.
So fanden bis zum Jahr 1968 aus diesem Anlass Länder- und Städte-Vergleiche zwischen
DDR-Auswahl-Mannschaften oder Städtevertretungen mit Bowlingsportlern aus Schweden,
Finnland und Dänemark statt, die für lange Zeit die letzten gewesen sein sollten.
Bald darauf hatte die DDR-Führung ihr Ziel erreicht.